Bochum ist mir in diesen Tagen ganz nah, da ich mit meinem Filmpartner Jens (in Bochum) drei schöne Filme über den VfL schneiden darf. So erzählen der Kapitän „Toto“ und Philipp Hofmann über den Verbleib in der ersten Liga, wir berichten über 175 Jahre VfL Bochum und den größten Trikotsammler. Die Filme werden demnächst auf Sky und in 80 Ländern der Welt laufen. Die Bilder der freudigen Fans in den Straßen Bochums sind mir natürlich – auch als Fußball-Legastheniker – eine wahre Freude hier mitten in den Bergen.


Unser Weg führt uns nach Pinedale, Wyoming. Genauer gesagt zur „Rim Station“. Dort haben wir einige Nächte auf einem Campingplatz gebucht und wollen die Gegend erkunden. Bereits beim Ankommen treffe ich – in voller Cowboymontur – den Besitzer „Brent“, der gleich einen sympathischen Eindruck macht. Ebenso sein General Store, der mir mit seinen zahlreichen Whiskyflaschen und hübschen Artikeln direkt auffällt. Nach einem kurzen Schnack haben wir dann eine Verabredung, natürlich zum Whisky trinken.




Wenig später plaudern wir dann über die Gegend, das Leben hier, den angenehmen Sommer und den schneereichen Winter. Und obwohl es aktuell noch frisch und windig ist, wird mir mit der Zeit immer wärmer. Woran das wohl liegen mag?

Der erste Ausflug in die kleine Stadt Pinedale ist wie eine Reise in meine Vergangenheit. Hier leben die echten Cowboys: mit Stiefeln, mit Hüten, mit Pferden und mit „Bob“. Der Besitzer des „Cowboyshops“ stattet in Pinedale alle aus. Ich kann es kaum fassen… So gern wollte ich früher Cowboy sein und das, obwohl ich nicht mal reiten kann und jetzt stehe ich mittendrin in dieser Welt. Völlig beeindruckt von alledem zeigt uns Bob dann noch, wie man das Lasso richtig vorbereitet und wirft. Ich kann nicht anders und kaufe eins.




Das Wrangler Café besticht nicht unbedingt mit Kundenfreundlichkeit unseres Kellners, dafür aber mit gutem Essen für echte Cowgirls & -boys.





Die nächsten Tage lassen uns noch tiefer in die neue Welt eintauchen. So lernen wir Brent´s Tochter „Kate“ kennen, die einen ganzen Pferdestall mit allem Drum und Dran vor der Tür hat. Nicht nur ein Paradies für Kate, sondern erst recht für Juna und Mailo. Kaum sind wir vor Ort, sitzen die beiden auf dem Pferd „Hook“ und reiten los.





Ebenso bietet Pinedale ein hervorragendes Freizeitzentrum, in dem es viele Möglichkeiten gibt: klettern, planschen und Spaß haben. Mit ganz besonderer Erlaubnis aller Bademeister in Pinedale und Deutschland kann man hier ein „Seepferdchen“ machen. Also schwimmt Juna los, taucht und springt, während der Sportlehrer Opa Bott per Facetime sein „Go“ gibt. Am Ende reicht es dann locker für das Abzeichen und Juna ist sehr stolz.


Mailo macht sich unterdessen an die Kletterwand, als hätte er in seinem Leben nichts anderes gemacht.


Nun neigt sich eigentlich dieser kleine Trip ins Cowboyland dem Ende entgegen und wir ziehen weiter zum Yellowstone National Park. Aber irgendwie haben wir das Gefühl, zurückkommen zu wollen, denn uns gefallen die Menschen und die Ecke hier sehr gut. Nach ein paar Gläschen Whisky stelle ich Brent also meine Schnapsidee vor, an der Rim Station ein bisschen auszuhelfen. Plötzlich tritt dann wieder einmal einer dieser „Great Unknown Momente“ ein: zum einen ist Brent begeistert und stimmt sofort zu und zum anderen lerne ich zwei weitere Menschen, mit einer guten Projektidee kennen. Es sind Macher-Typen und sie wollen ein ganz besonderes Therapiezentrum in den Bergen Wyomings errichten. Dass sie dazu einen entsprechenden Film benötigen, trifft sich natürlich ganz gut. Wenig später sitzen wir also zusammen, planen und organisieren. In den nächsten Wochen werden wir uns also öfters mit Kamera und Mikrofon in den Bergen Wyomings treffen.






Bevor wir uns aber an der Rim Station niederlassen, erkunden wir einige Tage lang den Yellowstone Nationalpark. Der erste Eindruck: es ist die „A40“ von Amerika. Ist auch nur ein einziger Bison in Sicht steht der gesamte Verkehr im Park mit seiner einspurigen Straße still. Puh, wunderschöne Landschaft und Stau passen erstmal gar nicht zusammen.

Wir versuchen unser Glück antizyklisch und fahren in den nächsten Tagen entweder früh morgens oder erst am späten Nachmittag in den Park. Mit diesem Trick entkommen wir einem Großteil des Verkehrs und können die vielfältige Landschaft richtig genießen. Die Hälfte aller weltweiten Geysire lassen sich hier bestaunen. So dampft und brodelt es an vielen Stellen, mal riecht es gut, mal eher weniger. Von Berggipfeln und Tälern, unglaublichen Farben, einem Picknick in der Abendstimmung und einer abwechslungsreichen Tierwelt ist alles dabei.





Nach einer beeindruckenden Woche kehren wir zurück zur Rim Station und beginnen damit ein völlig neues Kapitel unserer Reise. Wir haben einen „Job“ und sind nun sesshaft. Ich arbeite ab jetzt 3 Tage die Woche in dem hübschen Laden und auf dem Campingplatz, checke neue Camper ein, fülle Gasflaschen auf, mixe Drinks im Laden oder mache Whisky Tastings. Mailo, Juna und Conny helfen dabei manchmal tüchtig mit.









Fast immer gibt es ein Tagesgericht, welches frisch zubereitet wird. Zum Beispiel steht dann auf der Karte ein Burger, Pulled Pork, ein Tritip Sandwich oder Burritos. Manchmal gehen sogar Bestellung mit 30-40 Stück ein. Zusammen mit Tim, Angie und Brent (das sind nun meine neuen Arbeitskollegen) stehe ich dann in der Küche und wir haben alle viel Spaß.


Mit dem deutschen Einfluss gibt es jetzt brandneu auf der Tageskarte: „German-Schnitzel-Sandwich“. Die erste Fuhre war in kurzer Zeit ausverkauft und nun ratet, wer durch Zufall mein erstes Schnitzel hier in Wyoming auf der Durchreise probiert hat? Der Deutsch-Amerikaner Tom. Er ist hier geboren und hat – ich kann es kaum glauben – an der RUB in Bochum studiert. Jetzt steht er vor mir im Laden, mit einem Schnitzelbrötchen in der Hand und grinst. Erst recht drehe ich jetzt den passenden Werbeclip für diesen Imbiss.
Neben der „Arbeit“ entdecken wir Vier immer neue Ecken. Sei es das Angeln an wunderschönen Seen, die Plätze der „Mountain Men“ (Fallenstellern), die beeindruckende Bücherei in der Stadt, die weissen Bison und immer wieder Natur, Natur, Natur. Das gefällt uns wirklich sehr gut und es ist schön, mal nicht so viel zu reisen.












Nun feiern wir hier unser Bergfest, denn tatsächlich sind 12 Monate vergangen. 365 Tage, die bis hierhin so einmalig waren, dass ich mich fast an jede einzelne Stunde davon erinnern kann. Tage voller Freude, Erlebnisse und Erfahrungen. Neben der vielseitigen Landschaft ist es vor allem eine Zeit, die mit nichts in dieser Welt zu ersetzen wäre. Unseren beiden Kindern bei all ihren Fragen, Wegen und Lösungen fürs Leben zuzusehen ist das Beste, was mir und Conny jemals in den Sinn kam. Genauso haben wir so viel über uns, über unsere Partnerschaft und das gemeinsame Leben gelernt, dass ich schon fast einen Ratgeber schreiben könnte. Für ein echtes Fazit ist noch nicht die Zeit gekommen, was wir aber alle wissen: müde vom Entdecken und überraschen lassen sind wir keineswegs, eher neugieriger als zuvor.






