Nun sind wir bereits eine ganze Weile an der Rim Station in Wyoming, solange wie noch nie zuvor an einem Ort. Wir fühlen uns hier wie zu Hause und egal in welche Richtung wir auch gehen, wir kennen fast immer ein bekanntes Gesicht. Die Kinder sind so frei und gehen selbstständig ihre Wege. Eine ihrer wichtigsten Bezugspersonen dabei sind Brent, die gute Seele der Rim Station und seine Tochter Kate. Wenn Juna und Mailo mal „Zeit“ haben, besuchen sie entweder Brent im Store und spielen dort mit allen Kunden Mau Mau oder sie backen zusammen mit Kate Cupcakes. Natürlich mit dem passenden Hut.

Mittlerweile haben wir hier viele Camper kommen und gehen sehen, teilweise habe ich sie selbst eingecheckt. Der größte Teil kommt dabei natürlich aus den USA, aber hin und wieder haben wir auch Gäste aus dem europäischen Raum. Zwei, die in bester Erinnerung bleiben kommen aus Iowa und heißen Chuck und Lori. Bereits beim Check-In fallen sie mir auf und spätestens nach der ersten Unterhaltung ist mir klar, dass wir viel Spaß miteinander haben werden.

Kurze Zeit später sitzen sie also bei uns zum Abendessen am Tisch. Es ist eine Win-Win-Situation: unsere Kinder sind deren kurzzeitiger Enkelersatz und andersherum. Chuck und Lori machen Quatsch mit Juna und Mailo und ich sitze daneben und denke mir (wieder einmal) wie wunderbar und herzlich doch all diese Begegnungen sind.

Nun bereitet sich Pinedale und die Region hier auf das große „Rendezvous“ vor. Um 1820 und später war es ursprünglich ein Event für die Trapper aus dem ganzen Land, die damals ihre Pelze gegen andere Waren eingetauscht haben. Heute wird dieses Event nachgestellt und alles steht im Zeichen von Tradition, Handwerkskunst und Zusammenkunft. Bei der großen Parade sind wir natürlich an vorderster Front dabei und bestaunen (oder bemitleiden?) bei 32°C die traditionell gekleideten Trapper mit Pelzmützen, Bärenfell und Lederanzug. Im zweiten, eher kommerziellen Teil der Parade füllen die Kinder ihre Süßigkeiten Vorräte fleißig mit den umherfliegenden Bonbons wieder auf.

Neben Kunstmärkten in der ganzen Stadt duftet es aus jeder Ecke nach leckerem Essen. An den vielen Ständen wird alles Mögliche angeboten. Wir probieren uns an Bison-Burgern und sind begeistert. Ebenso kann man überall etwas über die „Mountain Men“, also Trapper und Entdecker lernen. 

Natürlich nehmen wir das volle Programm mit und sitzen am Abend mit Bier und Zuckerwatte auf der Tribüne zum Rodeo. Was mich zu Beginn noch an die Karl-May-Festspiele in Elspe erinnert, geht schnell in ein patriotisches Event über. Winnetou erscheint eben nicht, obwohl es die Westernmusik vermuten lässt, dafür reitet aber alles auf Pferden, was Rang und Namen hat. 

Begeistert schauen wir zu und fühlen uns einmal mehr wie mitten in der Serie „Yellowstone“. Von „Barrel Racern“ (im vollen Galopp um Blechtonnen reiten), „Team Roping“ (zwei Cowboys fangen eine Kuh mit Lasso´s) und dem „Saddle Bronc“ (der Klassiker beim Rodeo: ein bockendes Pferd versucht seinen Reiter abzuwerfen) ist alles dabei. Zum großen Finale gibt es dann „Bull Poker“, eine nicht ganz ernstzunehmende und sehr gefährliche Disziplin. Vier Freiwillige sitzen um einen Tisch herum, der mitten in der Arena steht und „spielen Poker“. Dann wird der Bulle rausgelassen, der natürlich prompt versucht, alles in der Arena zu zerlegen. Derjenige, der am längsten sitzen bleibt gewinnt, Geld und Ehre. Teilweise ist der Betrag gar nicht so gering, für die Krankenhausrechnung wird es aber niemals reichen. Ungefähr sieht das ganze Spielchen dann so aus:

Für mich geht es ab jetzt in die Landschaft Wyomings: mein Filmdreh-Debut auf amerikanischem Grund steht an. Ich freue mich sehr, endlich mal wieder mit vollem Einsatz zu drehen. Den ersten Morgen lege ich mich im Halbdunkel mit meiner Kamera auf die Lauer und halte Ausschau nach Tieren, dann fliegt die Drohne im Sonnenaufgang über die Berge. Im Verlauf der weiteren Drehtage bewegen wir uns zwischen Büro und Natur, sowie Menschen und Pferden hin und her.

Was hier in den Bergen entstehen soll, ist ein einmaliges Therapiezentrum für aller Art von Traumata junger Frauen. Dass dabei sowohl die Landschaft, als auch Pferde eine wichtige Rolle spielen ist unabdingbar. Schaut man vom Grundstück aus in die Natur kann man die Berge der Wind River Range sehen, bei gutem Wetter sogar die Grand Tetons (vielleicht hat man mal vom Grand Teton National Park gehört). Dazu ist das gesamte Gelände von Aspen umgeben und bietet nicht nur ein Gefühl von Geborgenheit, sondern auch ein sehr beruhigendes Naturerlebnis.

Nach vier intensiven Tagen ist der Dreh geschafft und ich stelle für mich fest: ich kann´s noch! Verstaubt, durchgeschwitzt und sehr zufrieden mit dem Ergebnis gibt es dann einen Whisky zum Abschluss. Der Schnitt kann beginnen.

Unsere beiden kleinen Ranger sind viel draußen unterwegs und entdecken die Welt. Nun sind Juna und Mailo auch Vogeleltern geworden, denn sie haben eine junge Schwalbe gefunden, die Probleme mit ihrem Flügel hat. Wie gut, dass wir zur Auffangstation werden. Im Camper wohnt bei uns nun also die „Rim“ und erstaunlicherweise ist sie extrem zutraulich. 

Juna und Mailo füttern sie jeden Tag mit Fliegen, Mücken und Grashüpfern (alles Bio und frisch vom Feld) und geben ihr Wasser mit dem Finger. Dabei lässt sie sich streicheln, hochnehmen und zwitschert uns immer mal wieder ein Liedchen. Viel besser können das aber Juna und Mailo selbst erklären.

Dann sei hier noch eine weitere, wunderbare Begegnung mit den McWinns erwähnt: eine absolut sympathische Familie mit 4 Kindern in ähnlichem Alter zu unseren Kindern. Es dauert wirklich nicht lange bis eine Sechsergang hier über den Campingplatz zieht und die Gegend unsicher macht. Zwei Tage lang sehen alle Eltern ihre Kinder nur zum Essen, dann sind sie auch schon wieder unterwegs.

Zum großen Abschluss veranstalten wir dann einen bunten Abend mit Drinks, Ballontierchen und natürlich ein bisschen Zauberei – „Nick Pokus“ in da house 😉

Wer jetzt immer noch nicht genug hat darf in der üblichen Bilderkiste der letzten Wochen ein bisschen stöbern!